Gallery Cologne 22.11.–25.01.25

TIMM RAUTERT

DOTS ALWAYS WORK. NEUE MONTAGEN
GALERIE KÖLN 22.11.2024 – 25.1.2025
ERÖFFNUNG FREITAG 22.11.2024, 18 – 21 UHR

Timm Rautert gilt als einer der bedeutendsten deutschen Fotografen der Gegenwart, der die entscheidenden Trends in der Fotografie seit den frühen 60er Jahren mitgestaltete, ob als Bildjournalist zu Beginn seiner Karriere, als Porträtist oder Chronist einer sich rasant verändernden Arbeitswelt und nicht zuletzt als Hochschullehrer. Angetrieben von der Frage nach der Macht von Bildern und ihrem Einfluss auf die Gesellschaft, schlägt Timm Rautert immer neue Wege vor, sich seines Mediums der Fotografie zu vergewissern. Markant dargelegt bereits in der „Bildanalytischen Photographie“ (1968-1974), hört Timm Rautert nicht auf, die Fotografie als hochkomplexes Bild- und Kommunikationsmedium mit Fragen, die weit über Gestaltung und Komposition hinausgehen, einzukreisen. Dass sie ihm dabei stets entkommt, sich entzieht und verflüchtigt, ist Teil des Konzepts. Timm Rautert ist sich bewusst, dass die Kamera den Blick auf das Leben öffnet und verstellt zugleich. Die beiden unterschiedlichen Ausstellungen in Köln “Dots always work. Neue Montagen” und in Bonn “Vier Spiegel und ein Stein. Fotografische Serien und Installationen“ verhandeln das Sehen und Gesehen-Werden im Kontext von Formen der Aneignung und Macht.

Darin ist auch die Wieder- und Neuaneignung der eigenen mehr als 50jährigen Fotogeschichte ein Thema. Die umfassende Retrospektive seines Werks im Museum Folkwang trug auch deshalb den Namen „Die Leben der Fotografie“, weil Timm Rautert zur permanenten Bedeutungsverschiebung auch seiner eigenen Bilder im Feld sozialer und kultureller Praktiken, Zuschreibungen und Codes, Stellung bezieht. Das Schwanken der Fotografie zwischen Evidenz und Konstruktion macht sie zum Shifter, einem Element der Sprache, dessen Bedeutung nicht ohne Bezug auf die Nachricht definiert werden kann.

Während die Fotografie sich in ihrem dokumentarischen, indexikalischen Charakter selbst zum Verschwinden bringt – etwa, wenn Timm Rautert „Lais von Korinth“, die sagenhaft schöne und hochbezahlte Hetäre des Altertums in einem Renaissancegemälde von Hans Holbein „reproduziert“ – wird der Malerei im Allgemeinen ein inventiver, ikonischer Charakter zugesprochen. Bewegt die kunsthistorische Forschung zu Holbeins Lais mitunter auch der Wert der blechern erscheinenden Münzen auf der Brüstung vor der Kurtisane – wo eine billige Reproduktion, statt Gold vermutet wird – so nutzt Timm Rautert die fatale Verknüpfung von Schönheit, Geld und Macht zu einem medientheoretischen Exkurs.

In seiner neuen Serie „Dots always work“ („Punkte gehen immmer“) bezieht sich Timm Rautert auf die weltumspannende Kampagne von Louis Vuitton zusammen mit Yayoi Kusama. In Midtown Manhattan prangte das punktemalende Konterfei der Künstlerin wolkenkratzerhoch an der Fassade des Louis-Vuitton-Flagshipstores, um es mit „Unendlichkeitspunkten“ zu versehen. Supermodels von Gisele Bündchen bis Bella Hadid posieren mit bunt-getupften Taschen und Stiefeletten als Schwarz-Weiß-Fotografie unter einer anderen Bildebene mit roten und gelben Polka Dots. Die Kampagne hatte sich 2023 zur Aufgabe gemacht, mit der Fröhlichkeit bunter Punkte dem allgemeinen Bedrohungsgefühl durch Klimakatastrophen, Krieg und Pandemien zu begegnen. Der Punkt ist heiter, zeitlos, inklusiv, unendlich kombinierbar, kopierbar und hat nicht zuletzt durch Yayoi Kusama, Damien Hirst und John Baldessari Kultstatus erlangt.

Mit der Einbindung von Fotografien moderner Kampfjets oder anderen Kampfhandlungen fügt Timm Rautert seinen Montagen eine Referenz zur Gegenwart hinzu, die von der Luxusindustrie ausgeblendet wird und eignet sich den Punkt in Form eines Stempels selbst an.