GEORG WINTER
Ausstellungen des vielfach ausgezeichneten Künstlers und Akademieprofessors Georg Winter (*1962) sind Experimentierfelder zur Erprobung neuer gemeinsamer Handlungsformen in präzisen Installationen und Konstellationen. Seine raumbezogene Experimentalkunst umfasst ein „Entwicklungsbüro für Kameratechnik und Neue Medien“. Mit UKIYO CAMERA SYSTEMS gehört Georg Winter seit den 80er Jahren zu den radikalsten Aktivisten der „expanded media“. Das Wort UKIYO kommt aus dem Japanischen und steht für das Fließen der Zeit. „Das Verrinnen der Zeit verursacht eine Traurigkeit, die wir durch die Achtsamkeit für den Augenblick überwinden.“ (Zitat aus dem UCS Handbuch der Kameratechnik, Salon Verlag 1999). Mit der Entwicklung und dem experimentellen Einsatz neuer Instrumente, Handlungsmethoden und medialer Interaktionen verhandelt er Fragen der menschlichen Wirklichkeitskonstruktion. Was sehen wir? Was nehmen wir auf? Was ist Bild, Film, Interaktion? Ausgehend von fotografischen Instrumenten zur Bildorganisation hat Georg Winter in den letzten 30 Jahren eine umfangreiche künstlerische Praxis zu diesen Fragestellungen entwickelt und mit zahlreichen Beteiligten erprobt.
Im Garten der Burg Lede kommt es zu einem neuen Zustandsraum von UKIYO CAMERA SYSTEMS: UCS CHICKEN CAM. Hiermit erweitert Georg Winter sein Sortiment für Foto- und Filmkameras mit Zubehör und Anleitung. Mit einem minimalistischen schwarz lackierten artgerechten Hühnerstall aus Holz in den Größenverhältnissen einer Leica Camera auf einem Stativ verbindet der Künstler medientheoretische Fragen nach der helle/dunkle Kammer, Öffnung, Aufnahmekapazität und dem Gefühl, sich aufgenommen zu fühlen. Während zunächst vier Hühner ihrem Tagewerk nachgehen, bedienen sie selbst den Auslöser und liefern ein Bild ihres sozialen Gefüges. Mit ihrem Erscheinen vor der Linse, am Übergang von Innen und Außen, auf der liminalen Hühnerleiter fängt sie eine andere Kamera ein und liefert pro Tag ein Bild, das als Edition der UCS Chicken Cam auf den Markt kommt. Welche Rolle spielt in dieser self organizing photography die Haltung – körperlich ebenso wie mental? Georg Winters Installationen oder Sets sind immer Displays zum Handeln, Aufforderungen zum Selbstversuch und zur Überprüfung der eigenen Haltung gegenüber der Umwelt in einer posthumanistischen Perspektive. Text Birgit Kulmer